BEWEGUNG MACHT MEHR SPAß ALS KEINE BEWEGUNG
Kunst und Technik
Mit diesem Motto sind wir seit 2009 als Tandem unterwegs.
Als bildende Künstler mit langjähriger Berufserfahrung gestalten wir unsere Projekte gut geplant und dennoch ergebnisoffen – der Beitrag der Kinder ist immer eine unbekannte Größe.
Mit Schülern nehmen wir das Thema Bewegung umfassend unter die Lupe: künstlerisch, naturwissenschaftlich, philosophisch, aktiv.
Die Frage, warum und wie etwas funktioniert und wie man etwas in Bewegung setzen kann, wird theoretisch und praktisch erkundet.
Anhand von mechanischem Spielzeug aus verschiedenen Epochen führen wir grundlegende Bewegungsmuster vor. Wir gehen von den einfachen Vorgängen zu den komplizierteren. Kugel und Würfel, Handpuppe und Schaukelpferd, Brummkreisel, Jojo, Riesenrad, Katapult und Auto oder ein aufziehbarer Trommler aus Blech... wir befragen das Objekt nach Erscheinungsbild, Funktion und Vorkommen in Kunst und Alltag. "Erdsaugkraft - Fliegschwung": Begriffe wie Energie und Kraft, Antrieb und Reibung, Ursache und Wirkung werden gesucht, gefunden, vorgeführt und selbst erfahren. Hebel, Schwerkraft, Fliehkraft, labil und stabil, alles wird ausprobiert. Es gibt sportliche Momente wie Flaschenzugseilziehen und Wett-Wippen auf einem Baubrett.
Zum Kennenlernen stellen wir Künstler und ihre Werke vor. Alexander Calder mit Zirkus und Mobile, Jean Tinguely mit großen rumpelnden Maschinen, die Kettenreaktionen von Fischli / Weiss und Roman Signers verspielte poetische Experimente mit Alltagsgegenständen. Die Liste lässt sich mühelos fortsetzen.
Vor allem aber wird selbst gebaut. Aus allerlei Material entstehen Pendelgewichte und Kurbeln, Kreisel, Propellerfahrzeuge, Seiltänzer und Klangmaschinen. Funktionalität und Gestaltung - beidem sollen die Kinder gerecht werden. Wichtig ist das Material mit seinen Möglichkeiten und Widerständen. Holz wird gesägt, gebohrt, geschraubt, genagelt, geschliffen, bemalt und mit der elektrischen Lochsäge für Räder bearbeitet. Die Kinder dürfen jedes Werkzeug selbst in die Hand nehmen und auch die Maschinen bedienen. Jedes Kind bekommt ein Tagebuch, dem wir täglich Zeit widmen, um Vorgänge zu reflektieren, eigene Erfindungen aufzumalen, einzeln zur Ruhe zu kommen. Von der Tafel abzuzeichen ist die Geschichte des Rades oder eine Skizze zum Exzenter. Freie Aufgaben verkürzen Wartezeit und Schlangen vor der Dekupiersäge (zuweilen klappt das). Das Heft führt chronologisch und assoziativ durch die Woche. Ein Erinnerungsbuch, Kunstbuch, Album.
Die Präsentation variiert je nach Projekt – eine Ausstellung am Tag der offenen Tür, bei der die Meister ihre Ergebnisse vorführen und erklären – eine feierliche Wandenthüllung zu Ferienbeginn – ein Picknick im Park als Performance – ein Aufmarsch mit Musik in der großen Pause.
Thematisch setzen wir Schwerpunkte. "Mechanische Artisten" begleitete eine Zirkuswoche in einer Montessorischule. Ein Löwe jonglierte, ein Schwein fuhr Einrad. "Schwebeschwan und Wackeldackel – das scheinbar unmögliche Gleichgewicht" handelte vom Ausgleich von Kräften, von Hebel, Waage und vom Kosmos. Es entstand ein filigranes, bewegliches Ensemble. "Ziehen oder Tragen" verband den Bau von Trolleys als Schulranzenalternative mit dem Thema Transport allgemein. "Percussion mit Gummiantrieb" war die Umsetzung einer Schub+Drehbewegung in einen rhythmischen Klang.
Die Verknüpfung von künstlerischer Freiheit und analytischer Abstraktion, von Regelbruch und Regelverstehen ist ein spannendes Feld für Kinder, die eine Trennung zwischen Wissenschaft und Kunst in ihrem Denken (noch?) nicht vollziehen. Spielen und Arbeiten sind nicht zu trennen. Damit ein Propellerauto fährt, muss man ein paar Regeln befolgen. Im Entwurf kann sich eine ganze Insel durch Propeller in die Luft erheben. Farbe und Form haben eigene, andere Grenzen. Die Kinder erproben neue Herangehensweisen, sie dürfen planen und umsetzen und einen freien Umgang mit dem Material wagen. Sie lernen physikalische Gesetze kennen und erfinden damit besondere Dinge.
Bewegung ist etwas Faszinierendes, das alle Lebewesen zum Hinschauen "bewegt" und im Schulalltag meist zu kurz kommt. Mit Humor und Witz wollen wir die Wahrnehmungsfähigkeit schärfen, die Reflektionsebene stärken und mit der Praxis vertraut machen. Die Beschäftigung mit dem allgegenwärtigen Phänomen wird auch im Alltag zu Entdeckungen und neuer Aufmerksamkeit führen.
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