Nervtöter

BEWEGUNG MACHT MEHR SPAß ALS KEINE BEWEGUNG | Kunst und Technik

EIGENHÄNDIG HERGESTELLTE NERVTÖTER
musikalische Ungeduld und komponierte Unruhe

ein Kooperationsprojekt im Rahmen des Projektfonds kulturelle Bildung
mit der Paul-Klee Grundschule im Berlin Schöneberg,
als Projektwoche für die Klasse 6b.

21. Oktober-25. Oktober 2013

gefördert vom

Kulturamt Schöneberg durch Mittel des

projektfonds kulturelle bildung berlin

nervtoeter from Christian Bilger on Vimeo.


DAS THEMA

Die Hände sind für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit, die sie einsetzen, um in der Welt klarzukommen. Der erste Griff war bei den meisten nach der Mutterbrust, später kommen Spielzeug, Essen, die eigenen Füße, Mützen, Katzen, Stifte dazu. Noch etwas später drückt man hochkonzentriert in komplexer Reihenfolge die Tasten eines Klaviers – oder klopft unbewusst und voller Ungeduld auf eine Tischplatte, so dass es sich nach gestrecktem Galopp anhört. Die Hände still halten – nicht mit einem Stift herumspielen, etwas kneten oder knautschen, sich am Kopf kratzen... – nicht nur für Kinder im Unterricht ist das manchmal ein Ding der Unmöglichkeit. Die Unruhe will über die Hände und Füße aus dem Körper.
Wir möchten unseren wertvollen Händen Aufmerksamkeit schenken. Genial konstruiert, tun sie meist, was wir wollen, aber um komplexe Dinge wie schreiben oder musizieren zu lernen, muss man sich schon plagen. Im Alltag kommen sie mit ihren vielfältigen Talenten oft zu kurz. Zeichnen lernen ist Luxus – man kann ein Foto machen, Pullover und Möbel kann man kaufen, die Schleife ist durch den Klettverschluss ersetzt… In unseren Projekten dürfen die Kinder sägen, bohren und malen, wir trainieren durch die Gewichtung des Handwerklichen die Fähigkeiten der Hand. Und diesmal wird das zum Thema gemacht – die Verbindung von Hand und Auge, Hand und Kopf, der Ursprung des Wortes "begreifen". Das Thema Hand gibt noch mehr her: Die Anatomie der Hände im Unterschied zu Pfoten, die individuelle Ausprägung, Redewendungen, die das Wort Hand beinhalten (von der Hand in den Mund, im Handumdrehen...), Darstellungen von Händen in der Kunst, eigene Versuche - sie sind sehr schwer zu zeichnen. Hände können zärtlich sein und grob, Gutes und Schlechtes anrichten. Den Gehörlosen ersetzen sie die Stimme, der Sprechenden verhelfen sie zum Ausdruck. Indem jedes Kind ein Händepaar baut, das sich bewegen kann, setzt es sich mit den eigenen Händen auseinander.

DIE PRAXIS

Jedes Kind baut ein mechanisches Händepaar. Auf einer Holzplatte montiert, mittels einer Kurbel zu bedienen, können die Finger der Hände einzeln auf die gestalteten Flächen klopfen. Der Aufbau der Hände ist vorgegeben, die Ausführung ist – wie in der Natur – bei jedem anders. Es gibt lange, gerade, gebogene, kurze, lackierte, helle und dunkle Finger.Ebenso gibt es vielleicht gleichzeitige Greifbewegungen und einzelne Abfolgen, Klopfrhytmen aller Art.
Zuerst analysieren wir einfache Bewegungsmuster anhand von mitgebrachtem beweglichem Spielzeug. Wir reflektieren die einfachen Bewegungsgesetze: wie funktionieren Kurbel, Pfeil, Wippe, Pendel, Kreisel... was bedeuten Antrieb, Reibung, Fliehkraft, Hebel, Stabilität. Dann nutzen wir die Theorie für die Praxis.
Wir brauchen für große Löcher die Ständerbohrmaschine, für die vielen Finger die Laubsäge, für das Gestell japanische Sägen und Akkuschrauber, und alles muss glatt geschliffen sein. Beim Bauen erlernen die Schüler handwerkliche Techniken und den Umgang mit allerlei Werkzeugen.
Jeder Schüler entwirft für seine Hände ein eigenes "Programm", einen eigenen Bewegungsablauf.
Gefördert werden: Experimentierfreude, handwerkliches Geschick, sprachlicher Ausdruck, logisches Denken, poetische Offenheit, Sinn für Komik und Absurdität. Wir wecken Interesse an Kunst und Physik und fördern eine ergebnisoffene und vielseitige Herangehensweise an abstrakte Inhalte.

Ein großformatiges Tagebuch für technische Skizzen, gestalterische Entwürfe, Bilder, Fotos und Geschichten begleitet die praktische Arbeit. Die Arbeit darin kann auch ein erholsamer Rückzug sein, das Buch bleibt als Erinnerung.